Die dreiteilige Reihe zum Thema Ernährung zooxantheller LPS und SPS Korallen haben wir aufgrund der vielen Fragen per Mail noch mal zusammengefasst. Wir würden uns freuen, Eure Erfahrung in den Kommentaren zu erfahren!
Grundlagen der Ernährung von Steinkorallen
Steinkorallen leben mit Ausnahme einiger azooxantheller Tiere in erster Linie vom Sonnenlicht. Dazu implementieren die meist im Flachwasser lebenden Korallen einzellige Symbiosealgen in ihre Struktur, die wiederum Photosynthese betreiben. Den dabei entstehenden Zucker nutzen die Korallen anschließend als Energiequelle.
Nun kommen die Korallen in ihrer natürlichen Umgebung in hauptsächlich sehr nährstoffarmem Wasser vor. Die eingelagerten Symbiosealgen benötigen zum Überleben jedoch auch etwas höhere Nitrat und Phosphatwerte, also grundsätzlich verfügbare Nährstoffe. Also hat sich die im Laufe der Jahrmillionen eine zweite Energiequelle für die Korallenpolypen herausgestellt: Sie können mittels ihrer Fangarme aktiv Beute machen. Das ist meist Mikro- und Zooplankton.
Das müssen sie auch, denn durch niedrige Nährstoffwerte und teilweise in tieferen Bereichen weniger Licht, ist die Koralle nicht in der Lage, die Zooxanthellendichte angemessen hoch zu halten bzw. dadurch genug Energie zu erzeugen. Zudem benötigen Korallen weiterhin Stickstoffverbindungen, Phospho-Lipide, Carotenoide, Vitamine und zahlreiche andere organische Verbindungen, die sie an ihrem natürlichen Standort meist nur durch einen aktiven Planktonfang aufnehmen können, da Zooxanthellen überhaupt nicht in der Lage sind diese Stoffe für die Koralle zu produzieren.
Daher nennt man Korallen auch mixotrophe Lebewesen – sie verwenden eine Mischung aus autotropher und heterotropher Ernährung, je nach zur Verfügung gestellter Quelle.
Und wie verhält es sich im Aquarium?
Viele Meerwasser-Aquarianer wissen, dass SPS Korallen bei niedrigen Nährstoffwerten und hoher Beleuchtung eine ganz besondere Farbenpracht zeigen. Das hat damit zu tun, das Korallen bei niedrigen NO3- und PO4 Werten sowie starker Beleuchtung und Strömung eine geringere Zooxanthellendichte besitzen. Zooxanthellen sind braun und werden durch NO3 und PO4 gedüngt – eine hohe Dichte führt zu braunen aussehenden Korallen, eine niedrige Dichte zeigt das in vielen Fällen farbenfrohe Grundskelett, das nicht durch braune Algen überlagert wird.
Durch das künstliche herunterziehen der Nitrat- und Phosphatwerte werden die SPS Korallen farbiger und die plakativen Farben ausgeprägter. Doch so, gerade beim Einsatz starker Adsorber, fehlt den Korallen die notwendige Energiequelle aus den photosyntheseprodukten der Zooxanthellen. Man passt die Nährstoffwerte denen des Meeres an.
Doch: Die Mikrofauna und das Zooplankton zur alternativen Ernährung fehlen in modernen Riffaquarien. Und daher wird eine aktive Fütterung notwendig.
Für ein naturnahes Riff braucht es nämlich:
– Starke Beleuchtung
– Starke, wechselne Strömung
– Niedrige Nährstoffwerte
– Zur Verfügung Stellung von Korallenfutter
Zooplankton und Phytoplankton
Lebendes Phyto- und Zooplankton ist das natürliche Futter der Steinkorallen. Wobei hierbei zu ergänzen ist, dass nur wenige Korallen (wie z.B. Goniopora) Phytoplankton aktiv aufnehmen. Phytoplankton stellt hingegen eine ganz wichtige Nahrungsquelle für Zooplanktonarten dar.
Gerade regelmäßige Zugabe von Phytoplankton bzw. Zooplankton-Nahrung fördert einen Boost des natürlichen Zooplanktons aller Größen, was sich wiederum sehr positiv auf die Ernährung der Steinkorallen auswirken kann.
Hier ein Video aus meinem Becken – es finden sich hauptsächlich tropische Mysis aber auch viel weiteres Mikro- und Makroplankton auf und in den Steinen (am besten in HD direkt bei youtube anschauen):
Bakterienplankton und Pseudoplankton:
Eine Stärkung der Bakterienfauna kann unterstützend wirken. Häufig werden dazu Kohlenstoffpräparate oder auch die Wodka-Methode genutzt, um das Bakterienplankton zu steigern. Auf der einen Seite senkt es die Nährstoffwerte leicht ab, auf der anderen Seite werden sich lösende Bakterienteppiche von Steinkorallen aktiv aufgenommen.
Dieser Effekt lässt sich auch beim Einsatz von Zeolith beobachten. Wird das Zeolith mehrmals wöchentlich bewegt, lösen sich die anhaftenden Bakterienbeläge und gelangen ins Becken.
Auch Austerneier werden aufgrund ihrer idealen Größe und Struktur gut von Steinkorallen aufgenommen.
Wie ernähre ich also meine Korallen richtig?
Fakt ist: Es gibt wichtigeres als Korallenfütterung. Strömung, Licht und niedrige Nährstoffwerte stellen quasi die Basis der Pflege farbiger SPS Steinkorallen dar.
Ist man nun soweit, dass die Farben und das Wachstum in Ordnung sind, kann man sich an eine gezielte Fütterung machen. Becken, die natürlicherweise NO3=0 und PO4=0 vorweisen, sollten die Korallen grundsätzlich füttern, da durch die geringe Zooxanthellendichte die Versorgung der Koralle nicht mehr gewährleistet sein kann.
LPS sind wiederum gänzlich anderes zu ernähren. Gerade die beliebten und ultra-farbigen LPS Korallen wie Acanthastrea, Scolymia australis, Lobophyllia, Euphyllia, Blastomussa und viele mehr sind in der Lage, viel größere Futterpartikel aufzunehmen – sogenanntes Makroplankton. Das geht von verschiedenen Muscheleiern bis hin zu Größen von Artemia, Goldpods (2mm) oder sogar Mysis.
Der Handel bietet eine fast unüberblickbare Menge an Korallenfuttern an, und es ist gerade für weniger erfahrene Aquariener sehr mühsam, durch Ausprobieren und die entstehenden Effekte oder durch Internet-Recherche herauszufinden, welche Produkte empfehlenswert sind.
Wie können Steinkorallen bestmöglichst gefüttert werden? Zunächst eine kleine Übersicht:
SPS:
- Bevorzugen Partikelgrößen zwischen 20-50 Mikrometer (bspw. Acropora). Ideal ist eine Abdeckung zwischen 20-150 Mikrometer.
- Strömung ist entscheidend. Bei der Zugabe also bestmöglich die Pumpen herunterregeln und langsam innerhalb von 20-30 Minuten wieder hochregeln. So kommen unterschiedliche Strömungsgeschwindigkeiten vor.
- Abwechselnd nachts und tagsüber füttern, damit alle Arten etwas abbekommen.
- Natürliches Zoo- und Bakterienplankton fördern
- Anreicherung mit Aminosäuren empfehlenswert
LPS:
- Zellgrößen zwischen 1500-3000 Mikrometer
- Direkte Fütterung mittels Pipette möglich
- Copecoden, Calanus, Mysis, Artemianauplien und vieles mehr
- Bei manchen Arten wie Lobophyllia muss eine Polypenextraktion erst hervorgerufen werden (bspw. Aminosäuren und Vitaminpräparate).
Ein Praxisbeispiel anhand meines 500l Beckens:
Was gefüttert wird:
SPS
- 1 Tropfen Aminosäuren / 100l täglich
- 1 Tropfen Coral Nectar / 100l (Vitamine und Zusätze)
Bakterienplankton:
- 1ml NYOS Zero / 100l täglich (Kohlenstoffquelle, bewirkt Absinken von NO3/PO4 und eine Stärkung der Bakterienpopulation
LPS:
- 2x wöchentlich NYOS Goldpods und Austerneier mittels Pipette direkt auf die Mundöffnung
- 2x wöchentlich Reef Pepper (Partikelgröße min. 20 Mikrometer) angereichert mit Tagesration Aminosäure & Coral Nectar
Förderung des natürlichen Zooplanktons
Das Reef Pepper führte bei mir zu einem extremen Boost an Kleinstlebewesen und Schwämmen, die sich positiv auf das Wachstum der Korallen auswirkt. Ein Ablegerbereich im Technikbecken mit viel Lebendgestein dient als zusätzliches Refugium.
Wie gefüttert wird:
Die Korallen werden bei mir abends ca. 1-3 Stunden vor dem Abschalten der Beleuchtung gefüttert. So bekommen „tagaktive“ Korallen Futter ab – aber auch für Korallen, die die Polypen erst nachts öffnen, ist noch genug Futter in der Wassersäule vorhanden. Verschiedene Beckenbereiche werden einzeln versorgt – der Ablaufschacht, indem sich sehr viel Plankton tummelt, wird ab und an mit Reef Pepper versorgt, genauso das Refugium im Technikbecken.
Sanfte laminare Strömung ist ebenso für die Futteraufnahme wichtig und bei der Fütterung sind unterschiedliche Ansprüche an Strömungsgeschwindigkeiten zu berücksichtigen. Ich schalte dazu die Vortechs in den Futtermodus (ca. 10 Minuten) und stelle danach auf eine wechselnde Strömung (Riffkantenmodus) um. Eine Nachabschaltung empfiehlt sich ebenso.
Eigene Beobachtungen:
Eine gezielte Fütterung bringt sehr viele positive Aspekte mit sich. Die Sättigung der Farben der Korallen nimmt zu, sie wachsen sichtbar schneller und bilden kompaktere Seitentriebe aus. Die einzelnen Äste werden dicker und stabiler und die Koralle wirkt vitaler. Ein tolles Polypenbild stellt sich ein, wenn sich die Korallen an die regelmäßigen Futtergaben gewöhnt haben. Aminosäuren födern vor allem die plakativen Farben. Hier sollte man darauf achten, nicht überzudosieren, da die Korallen sonst zu sehr eindunkeln.
Nachteilig sei zu erwähnen, dass sich aktive Fütterung immer auf alle Bewohner auswirkt, also auch die von uns gehassten Glasrosen. Diese nehmen das Futter selbstverständlich auch auf. Hier ist über ein einmaliges entfernen der Glasrosen und die Anschaffung tierischer Helfer (Feilenfisch, verschiedene Garnelen) ganz leicht Abhilfe zu schaffen. Glasrosen kommen bei mir ausschließlich im Ablaufschacht vor.
Fazit:
Eine Fütterung der Steinkorallen bietet eine gute Möglichkeit, die Farben und die Vitalität der Korallen fundamental zu verbessern. Sie macht allerdings nur Sinn, wenn die Wasserparameter, Nährstoffwerte konstant und gut sind und ausreichend Licht und Strömung zur Verfügung steht. Gerade Korallen in Becken an der Nachweisgrenze von Nitrat und Phosphat tut eine aktive Fütterung sehr gut.
Die indirekte Fütterung durch eine Vermehrung des natürlichen Zooplanktons sollte ausserdem immer angestrebt werden – schließlich pflegen wir auch diverse Fische, die den ganzen Tag an den Steinen picken. Mit obengenannten Produkten konnten wir über einen Zeitraum von mittlerweile einem Jahr eine kostante Farbstabilität und Vitalität erzielen.
Mit freundlicher Unterstützung von: www.reefcare.de
3 Kommentare zu “Korallen füttern – SPS und LPS Korallenfutter und Grundlagen zur Pflege von Steinkorallen”